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BRIEF AUS DER ZUKUNFT an Bruno


GLÜCK? ... so viel vorneweg, das Leben ist keine Vollkaksoversicherung:

Lieber Bruno, wer Sicherheit in einem Leben nach Gebrauchsanweisung sucht, wird die Antwort nach dem Sinn des Lebens niemals finden. Wer seine subjektive Welt nicht verlassen kann, wird als ignoranter Weltbürger früher von dem Erdenleben ausgestossen werden, als er dies für sich geplant hatte. Darum schreibe ich dir einen Brief aus der Zukunft…


BRIEF AUS DER ZUKUNFT

Bruno, nach der ,Corona-Sache‘ bist du ein wohlhabender Mann. Du fliegst mit einem Helikopter auf einen hohen Berg. „Smell of Desire“ – mit neuen Skis im Tiefschnee zu wedeln! Du stehst minutenlang am Gipfel. Du verharrst. Du blickst noch einmal in die Welt, die dir Geld und Häuser, Frauen und Autos, Reisen und Rigorosität ermöglicht hatte. Du siehst hinab in die weiße Wüste aus Schnee. An was und wen du in den letzten Sekunden noch denkst, weiss niemand.


Du legst los. Stockeinsatz. Die Beine eng aneinander gepresst. Wirbelnder Staub aus Schnee. Sekunden später hört deine Geliebte, die deiner Spur folgen wollte, einen Aufschrei, widerhallende Satzfetzen wohl: „Nein, oh mein Gott - war das schon alles?“ Dann fällst du auf das weisse, kalte Laken des Bergrückens. Da liegst du. Fast gestorben an einem Herzinfarkt.


„Iss deinen Teller leer, dann scheint morgen die Sonne!“ Diesen Satz hatte deine Mutter vor vier Jahrzehnten gepredigt. Der Satz sass. Der Satz zeigte Wirkung für dein ganzes Leben. Dein dir schreibendes Ich erkannte in ihm eine Denkmethode, die dich prägen sollte: „Logik setzt voraus, dass alles im Leben eine nachvollziehbare Ursache haben muss.“ Bruno Roeder handelte nur noch logisch, er setzte viele Ursachen wie Hochschule, Netzwerke, die er nutzen konnte und musste. Die Wirkungen daraus zeigten sich immer mehr und immer öfter in einem Leben auf der gepriesenen Sonnenseite des Erfolges: Eine schöne Wohnung in der Schweiz. Weltreisen. Empfänge. Cocktails. Zwei Ehefrauen, die du frivol mit Geliebten betrügst. Ansehen. Status. Macht und Geld. Doch irgendwo tief in dir, verborgen, unbemerkt von Freunden, die keine echten Freunde sind, ungesehen von der Familie und den Ehefrauen, nagt in dir die Angst. Die pure Angst, alles, was da ist wieder zu verlieren, beginnt dich allmählich auszuhöhlen. Und so fängst du nach schlaflosen Nächten, und im Zentrum des Kapitalismus gefangen, an, dich nach allen Seiten abzusichern. Du lässt Handwerker kommen, die dir Alarmanlagen und Kamerasysteme auf Torbögen und Gartenzäune montierten. Du schliesst Versicherungspolicen in schwindelnden Höhen ab, du lässt gar deinen Verstand bei einer Londoner Assurance zu Höchstsummen versichern. „Wenn ich nicht mehr denken kann, bin ich geliefert. Was dann? Wer bezahlt mich dann?“ Mit irrwitzigem Grinsen hast du so geartet einst vor einem Versicherungsbroker im feinen London Bayswater gestanden. Du versicherst dich gierig gegen alles, was Versicherungen anbieten oder erfinden können. Du überlässt nichts mehr dem Zufall. „Zufälle – alles Blödsinn. Wer plant kreiert berechenbare Prozesse“, lautete dein Motto. Wenn du eine Reise planst, durchstöberst du alle existenten Buchungs- und Empfehlungsplattformen, um garantiert den billigsten Reisepreis zu ergattern. Mit Webcams lässt du dir schon Wochen vor Reiseantritt zeigen, wo dein Hotel liegt, wie dein Zimmer aussieht, was es in einem der vier Speisesäle zu essen gibt. Du reservierst deinen Sitzplatz am Gang im Flugzeug so, dass es nicht weit zur Toilette ist. Du buchst ein Mietauto mit dem zuverlässigsten Navigationssystem und innovativster Technologie. Und den Urlaub verbringst du schliesslich damit, täglich zu hinterfragen, ob der „hohe Preis“ auch die erhaltenen Leistungen tatsächlich rechtfertigen wird. Du rechnest, vergleichst, holst Gegenangebote ein. Für Schönheiten hast du keinen Blick mehr. Du hinterfragst alle deine Lebensumstände, um garantiert sicher durchs Leben zu gehen: du wählst jene politische Partei, die Wohlstand, Aufschwung und wirtschaftliche Sicherheit bietet. Bevor du eine Blumenvase oder eine Kommode für eine deiner Villen kaufst, prüfst du die verarbeiteten Materialien und die Qualitätsgütesiegel. Du leidest unter Verlustangst und jener, von Mitmenschen beschissen und betrogen, von eigenen Mitarbeitern belogen oder ausgetrickst zu werden. Du stehst jeden Morgen um 5 Uhr auf, duschst kalt und heiss, um dein Immunsystem zu stärken. Dann ersinnst du bis zu deinem spartanischen Frühstück um 7 Uhr Strategien, um Kollegen zu kontrollieren, dir Zutritte zu verschwiegenen Mitarbeiterinformationen zu verschaffen. „Dem Frieden darfst du nie trauen, der Mensch ist grundsätzlich böse“, pflegst du zu sagen. Als du dann die fast letzte Lebensrunde auf dem Karussell am schneebedeckten Gipfel drehst, um fast in die Tiefe und auch gleichzeitig fast in den Tod zu stürzen, hast du nur mit einem nicht gerechnet: Das Leben an sich ist nicht berechenbar und planbar. Der Verstand und die Logik sind bei weitem nicht die einzigen Bande, die unser Leben prägen. Wer die Vernunft beherrscht darf sich von ihr nur nicht beherrschen las- sen!

Die Methode, nur das Sichere und Einleuchtende anzuerkennen, vermeidet die Wege der Ahnung, der Hoffnung, des Glaubens, der Liebe, der Weisheit, die grossen Gebiete der Unüberprüfbarkeit. Man übersieht, gefangen in dieser Vollkasko-Mentalität, das Einmalige, das kurz Aufleuchtende, das Unsichere, das Spontane, das Wunder. All dies liegt ausserhalb der Reichweite von Vernunft und Logik, so wie sie du lebtest und so wie sie Descartes einst lehrte. Menschen wie dich gibt es in den reichen, also kapitalistischen Zentren, wie auch der Schweiz, zuhauf. Sie alle glauben an ihre Methode, mit der sie Objekte beherrschen können, sie glauben an Statistik und ihre eigene Objektivität, an die Wahrheit der empirischen Befunde und an Gebrauchsanweisungen. Doch das Leben ist viel mehr.

Und was ist mit dem Streben nach Sicherheit?

Ist sie nur eine im menschlichen Gehirn produzierte Illusion? Oder liegt in dieser Welt ein zeitlich begrenzter Platz für Erkenntnis in Anerkennung des Irrationalen als unsere wahre Sicherheit? Wie sagte der Theologe Martin Buber einst? „Wir leben in der strömenden All-Gegenseitigkeit“.

Alles bedingt sich, die Natur den Menschen, der Mensch die Natur, die Gedanken aller Menschen das Leben und die Entwicklung der Welt; und es gibt sie mit Sicherheit, - diese grossen Kräfte, die uns dazu animieren unsere eigenen grossen Kräfte zum Wohl des Lebens auf diesem Planeten einzusetzen. Diese Kraft, diese göttliche All-Macht ist es, die uns die wohlige Sicherheit verspricht, unserem eigenen Leben auf diesem Planeten vollkommen zu vertrauen.

In diesem Sinne wünsche ich dir mit diesem Denkanstoss eine verheissungsvolle Zukunft.

In guten Gedanken an dich, herzlich Bruno


Bruno Roeder

(Ein Nicht-Erwünschter, der von der liebsten Familie der Welt adoptiert wurde.

Ein Reisender, ein Suchender, der sich selbst, seine Gaben und seinen Weg gefunden hat.

Ein Kommunikator, der sich lieber in Bildern als in Worten ausdrückt.

Ein Bild-Geschichten-Erzähler, der Menschen inspirieren will und sie damit anstecken möchte, sich zu besinnen.

Ein Patchwork Vater und Mensch, der zu sich, seiner Familie und seinen Fehlern steht.

Einer, der die Fülle des Lebens als Geschenk versteht und privat sowie beruflich als Berater und Co-Dozent, keine Zeit verliert fruchtbare Samen zu säen, die vielen Menschen gut tun, die am gedeckten Tisch der Digitalisierung mit ihm gemeinsam Platz nehmen wollen.)


Kontakt zu Bruno: www.arcpics.ch


Vielen Dank, Bruno für deine Geschichte!


Wie geht es euch mit dem Glück und dem Leben?

Gerne könnt ihr mir Geschichten, Meinungen oder Sequenzen der inneren Berührung schicken.

Ich sammle letzte Beiträge zu einem großen Glücksbuch, das auf 14 Jahren Arbeit und Hunderten von Interviews beruht.

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